Thomas Gent von Gentle Farming

Thomas Gent, Landwirt in der 4. Generation aus Großbritannien, betreibt seit etwa 17 Jahren regenerative Landwirtschaft auf dem Hof seiner Familie. Er arbeitet jetzt auch für Agreena, eines der ersten zertifizierten Bodenkohlenstoffprogramme in Europa. Er unterstützt und berät Landwirte im Vereinigten Königreich und ist außerdem Leiter des Zertifikatsverkaufs für das gesamte Agreena-Programm.

Tony Gent von Gentle Farming

Tony Gent ist seit 60 Jahren Landwirt und ein erfahrener Botschafter und Erfinder in der No-Till Branche. Entwickler eines weltweit führenden Unterschnitt-Scheibensaatsystems mit minimaler Störung, welches in ganz Europa, Nordamerika und Australien verkauft wird. Er hat sein Leben der Förderung der Direktsaat gewidmet, lange bevor sie allgemein als die Zukunft der nachhaltigen Landwirtschaft anerkannt wurde.

Unser Weg zur regenerativen Landwirtschaft – von intensiver Bodenbearbeitung zu No-Till

Um die Jahrtausendwende betrieben wir auf unserem Betrieb einen intensiven Ackerbau mit einer engen Fruchtfolge aus Winterweizen und Winterraps. Dieses System war auf hohe Erträge und einen hohen Maschineneinsatz ausgerichtet. Es funktionierte einige Jahre gut, doch schon bald zeigten sich erste deutliche Probleme: Unsere Böden wurden zunehmend degradiert, die Bearbeitung wurde immer schwieriger, und Unkräuter entwickelten Resistenzen gegen Herbizide. Gleichzeitig stiegen die Kosten für Betriebsmittel und Maschinen stetig an. Wir mussten uns eingestehen, dass unser bisheriges System langfristig weder ökonomisch noch ökologisch tragfähig war. Durch die Bewirtschaftung im No Till Verfahren können die Maschinenkosten drastisch gesenkt werden, da weniger Kapital für Maschinen benötigt wird. Mit steigenden Humusgehalten ist es über die Jahre auch möglich, den Bedarf an Kunstdüngern zu reduzieren und so Kosten zu sparen. Durch die regenerativen Praktiken werden auch Nützlinge gefördert, was zusätzlich die Ausgaben für chemischen Pflanzenschutz senkt.

Abbildung 1: Der Weg zur regenerativen Landwirtschaft: Mit No-Till gesäte Zwischenfrucht in Getreidestoppeln

Die Entdeckung von No-Till als Alternative

Auf der Suche nach Lösungen stießen wir auf Landwirte in Argentinien und Neuseeland, die mit No-Till-Systemen sehr erfolgreich arbeiteten. Dort war der Druck zur Veränderung hoch, da staatliche Subventionen wegfielen und neue Wege gefunden werden mussten. Das Prinzip von No-Till überzeugte uns: keine Bodenbearbeitung, keine Bodenwendung, stattdessen der Erhalt von Ernterückständen auf der Oberfläche und eine deutlich weitere Fruchtfolge. Besonders beeindruckt hat uns, dass sich durch diese Arbeitsweise nicht nur die Bodenstruktur verbesserte, sondern auch Erträge und Wirtschaftlichkeit zunahmen.
2008 entschieden wir uns, diesen Weg konsequent zu gehen. Wir verkauften fast unseren gesamten Maschinenpark für die konventionelle Bearbeitung und stellten vollständig auf Direktsaat um. Die erste Saison verlief erfolgreich. Doch schon im zweiten Jahr zeigte sich das, was viele No-Till-Pioniere erleben: der sogenannte „biologische Dip“. Der Boden muss sich nach jahrelanger intensiver Bearbeitung erst erholen. Die Bodenbiologie braucht Zeit, sich zu regenerieren, und das führt anfangs zu einem Rückgang der Erträge.
Abbildung 2: Veränderung des Bodens durch die Umstellung auf No-Till hin zu einer offenporigen und natürlichen Bodenstruktur

Die größten Herausforderungen in den ersten Jahren

Unsere schwersten und am stärksten verdichteten Böden stellten uns vor enorme Herausforderungen. Gerade hier war die Bodenstruktur so stark geschädigt, dass es besonders schwer war, stabile Bestände zu etablieren. Zwei große Probleme traten besonders in nassen Jahren hervor:
Zum einen führten die zufälligen Fahrspuren der Maschinen zu massiven Verdichtungen. Diese verdichteten Bereiche erschwerten eine gleichmäßige Saat und behinderten die Entwicklung der Pflanzen. Der Versuch, ein festes Fahrgassensystem (Controlled Traffic Farming) einzuführen, scheiterte zunächst an den unterschiedlichen Maschinenbreiten, die wir im Einsatz hatten.

In dieser Übergangsphase und darüber hinaus kann CTF eine gewaltige Hilfe sein. Der Boden ist noch nicht regeneriert und tragfähig, so dass jegliche Verdichtung schwere Folgen hat. Zeitgleich kann der Boden aber nicht durch Bodenbearbeitung wieder gelockert werden. Durch die Einteilung des Ackers in feste Fahrspuren und Wachstumszonen kann dieses Problem eliminiert werden. Dadurch kann der Kreis der Bodenlockerung, Schaffung eines lockeren Saatbetts und der anschließenden erneuten Verdichtung des Bodens durchbrochen werden.

Zum anderen wurde uns bewusst, wie sehr die Art des Stoppelmanagements Einfluss auf den Erfolg von No-Till hat. Kurz geschnittene und fein gehäckselte Stoppeln führten dazu, dass die Bodenoberfläche nicht abtrocknete – ideale Bedingungen für Schnecken. Die Lösung war die Umstellung auf einen Stripper Header, der die Halme stehen lässt und den Boden so offen hält.
Abbildung 3: Tony Gent vor einer Maschine mit dem Gent Undercut Schar

Technische Innovationen zur Unterstützung von No-Till

Trotz aller Vorsicht merkten wir, dass besonders nach sehr nassen Jahren punktuelle Maßnahmen notwendig waren, um dem Boden zu helfen. Unser Ziel war es, die Bodenstruktur zu unterstützen, ohne sie dabei erneut durch Umbruch zu zerstören. Dafür entwickelten wir spezielle Werkzeuge: zunächst ein Tiefenlockerer mit schmalen Scharen, die den Boden in der Tiefe leicht lockern, ohne ihn zu wenden. Später kam ein 10 Meter breites Gerät mit speziell geformten Scheiben dazu, die den Boden nur ganz oberflächlich öffnen und belüften, ohne die Bodenaggregate zu zerstören.
Auch bei der Sätechnik mussten wir neue Wege gehen. Die klassischen Direktsaatmaschinen, die auf Scheiben basieren, verursachten bei unseren schweren und feuchten Böden große Probleme. Sie drückten die Saatrille zu stark zusammen und schufen eine verdichtete Zone, in der sich die Saat kaum entwickeln konnte.

Die Lösung war ein neues Doppelscheibensystem. Dabei schneidet eine größere Scheibe den Boden auf, während eine kleinere Scheibe ein schmal geöffnetes Schlitzbett bildet. Die große Scheibe steht vertikal in einem Winkel zum Boden und zieht so ohne großen Druck selbst in den Boden ein. Daher benötigt die Maschine wenig Schardruck, um auch bei schwierigsten Bedingungen in den Boden einzuziehen. Die kleinere Scheibe schneidet nicht durch den Boden, sondern steht in einem kleinen Winkel schräg zur größeren Scheibe und hebt so den Boden minimal an, um darunter die Saat abzulegen. Durch die schräge Stellung wird die Saat in einem Band neben der ursprünglich geschnittenen Rille abgelegt, wodurch die Saat mehr Platz zum Wachstum hat und Hairpinning minimiert wird. Dieses Verfahren schont den Boden, sorgt für guten Bodenschluss und verhindert, dass Ernte- oder Pflanzenreste in die Saatrille gedrückt werden. Dieses System, das wir mitentwickelt haben, wird heute von Weaving Machinery (Europa) und K-Hart (Nordamerika, Australien und große Arbeitsbreiten in Europa) erfolgreich eingesetzt.

Wie K-Hart und NEXAT Nachhaltigkeit und Effizienz vereinen

Im vergangenen Blog-Artikel haben wir über unsere Zusammenarbeit mit K-Hart berichtet.

Klickt hier, um den Bericht zu lesen. 

Vernetzung und politische Arbeit

Schon früh war uns klar, dass wir diesen Weg nicht allein gehen wollten. Über befreundete Landwirte lernten wir die European Conservation Agriculture Federation (ECAF) kennen, die sich europaweit für bodenschonende Landwirtschaft einsetzt. Gemeinsam mit Amir Kassam gründeten wir die UK Conservation Agriculture (UK-CA) und nahmen an zahlreichen Veranstaltungen in Europa teil.
Aus diesem Engagement heraus entstand schließlich auch die bekannte Veranstaltung Groundswell, die heute als Plattform für regenerative Landwirtschaft in Großbritannien und darüber hinaus gilt. Besonders wichtig war uns von Beginn an, auch die politische Ebene einzubeziehen. So konnten wir mithelfen, den Wert der konservierenden Landwirtschaft in der politischen Diskussion sichtbar zu machen und dafür zu sorgen, dass auch finanzielle Förderungen möglich wurden.

Der Blick in die Zukunft – Streifenanbau und Robotik

Heute, nach vielen Jahren Erfahrung, wissen wir: Regenerative Landwirtschaft ist ein Weg, der nicht an einem Punkt endet. Zwar setzen wir inzwischen konsequent auf Zwischenfrüchte, um den Boden auch zwischen den Hauptkulturen bedeckt zu halten, doch wir glauben, dass noch mehr möglich ist.
Ein spannender nächster Schritt könnte der Streifenanbau (Strip-Cropping) sein: schmale Streifen mit Kulturpflanzen wechseln sich mit Streifen aus Dauergräsern und Kräutermischungen ab. Damit könnten wir der Bodenbiologie noch mehr Raum geben und zugleich weiter Ertrag erwirtschaften. Solche Systeme erfordern allerdings eine sehr präzise Bearbeitung, die am besten mit Robotik oder sogenannten Gantry-Systemen wie NEXAT umgesetzt werden könnte.

Regenerative Landwirtschaft als ganzheitlicher Ansatz

Unser Weg zeigt, dass regenerative Landwirtschaft weit mehr ist als der Verzicht auf den Pflug. Es ist ein grundlegendes Umdenken: weg von kurzfristigen Erträgen und rein mechanischen Lösungen, hin zu einem Zusammenspiel von Natur, Technik und langfristigem Denken.
Wer diesen Weg gehen will, muss bereit sein, ständig zu lernen, Fehler zuzulassen und aus ihnen neue Lösungen zu entwickeln. Es braucht Mut, um Bestehendes zu hinterfragen, und Offenheit, um von anderen zu lernen. Aber es lohnt sich: für gesunde Böden, stabile Erträge und eine zukunftsfähige Landwirtschaft, die im Einklang mit der Natur funktioniert.

Mehr Informationen über Thomas und Tonys Weg zur Regenerativen Landwirtschaft findet ihr hier: Regenerative Farming | Gentle Farming | England 

Kees Huizinga über den Ersteinsatz der K-Hart Direktsämaschine

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